Die Bedürfnisse der pflegenden Angehörigen
Immer häufiger suchen Familien bei uns Entlastung und Unterstützung. Die jahrelange Betreuung und Pflege ihres Angehörigen hat sie beansprucht. Trotzdem möchten sie den Partner oder die Eltern auch weiterhin und noch möglichst lange zu Hause pflegen.
Mit unseren ambulanten und stationären Angeboten bieten wir Entlastung und Zeit, sich zwischendurch zu erholen. Wir werden neue Angebote im Bereich der Familienunterstützung aufbauen und Bestehendes weiterentwickeln.
Im vorliegenden Jahresbericht 2016 finden Sie mehr zum Thema der pflegenden Angehörigen.
Lesen Sie das Interview mit Eugen Wolf, Verwaltungsratspräsident, über die zukünftigen Herausforderungen, die Wettbewerbsvorteile des GerAtrium und die Bedeutung der Trägergemeinden.
Welchen Herausforderungen muss sich das GerAtrium zukünftig stellen?
Wir müssen primär den Auftrag unserer Trägergemeinden optimal erfüllen. Diese Gemeinden haben ins GerAtrium investiert und haben darum auch das Recht auf eine adäquate Gegenleistung. Vergessen wir nicht; wir sind keine privatwirtschaftliche Institution, wir sind ein selbstständiges, öffentlich-rechtliches Unternehmen. Gewinnmaximierung ist nicht unser Ziel, vielmehr haben wir von den Gemeinden einen konkreten Auftrag erhalten, die gewünschten Versorgungsangebote für die Bevölkerung dieser Gemeinden bestmöglich und zu kostendeckenden Preisen anzubieten.
Was zeichnet das GerAtrium im bestehenden Wettbewerb besonders aus?
Zum einen sind wir ein attraktiver Arbeitgeber mit über 160 Mitarbeitenden. Und wir alle wissen, wie wichtig die Mitarbeitenden für den Erfolg eines Unternehmens sind. Zum anderen aber ist sicher auch der regionale Bezug wichtig. Bewohner wie auch Angehörige entscheiden sich meist für ein Pflegezentrum in der näheren Umgebung. Dieser Bezug alleine reicht aber nicht aus. Bewohner und Angehörige wollen für sich immer auch das Beste. Viele Alters- und Pflegeheime in unserer Region haben sich in den letzten Jahren erneuert: Mit neuen Gebäuden und neuen Infrastrukturen geht meist auch ein attraktives Angebot einher. Der Konkurrenzdruck ist dadurch auch für uns grösser geworden.
Was uns heute vor allem auszeichnet, ist unser permanentes Bemühen, immer und jederzeit für unsere Bewohner und ihre Angehörigen eine nicht nur optimale, sondern auch individuelle Dienstleistung zu erbringen, die von einem wertschätzenden, respektvollen und zuvorkommenden Umgang geprägt ist.
Welchen Stellenwert haben Kooperationen?
Einen sehr hohen. Wir pflegen ganz bewusst regionale und überregionale Kooperationen, weil wir dadurch unser Angebot nicht nur sicherstellen sondern auch verbessern können. Für uns sind insbesondere auch die Kooperationen mit den Spitälern und den Spitexorganisationen in den Bereichen Aus- und Weiterbildung und Palliative Care von grosser Bedeutung. Ein weiteres wichtiges Thema ist die so genannte Akut- und Übergangspflege gemäss neuem Pflegegesetz. Dabei handelt es sich um Patienten, die aus dem Spital entlassen werden, aber noch nicht nach Hause zurückkehren können und deshalb von uns für den Alltag zuhause vorbereitet werden.
Was kann die Politik zum nachhaltigen Erfolg beitragen?
Die Zusammenarbeit und ein gutes Einvernehmen mit den Gemeinden sind wichtig. Die Gemeinden müssen wissen, was wir anbieten, was wir tun und was wir für die Zukunft im Sinn haben. Andererseits müssen wir die Bedürfnisse der Bevölkerung kennen und die Zielsetzungen der Gemeinden sowie deren politische Prozesse der Entscheidungsfindung beachten.
Müssen Sie sich auch in finanziellen Fragen mit den Gemeinden abstimmen?
Nein. Wir haben keinen direkten Einfluss auf das Budget einer Gemeinde und sind auch nicht vom Budget einer Gemeinde abhängig. Früher, als wir noch unter der Trägerschaft eines Zweckverbandes standen - vor der Einführung des neuen Pflegegesetzes - wurde das jährliche Defizit unter den Gemeinden aufgeteilt. Das ist heute nicht mehr so. Heute sind wir absolut eigenwirtschaftlich. Die Gemeinden übernehmen die gesetzlich vorgeschriebenen Beiträge an die Pflegekosten der Bewohner direkt, nicht aber ein allfälliges Defizit des GerAtrium am Ende des Jahres.
In welchen Bereichen spielt die Zusammenarbeit und das gute Einvernehmen mit den Trä-gergemeinden eine besonders zentrale Rolle?
Meistens in strategischen Fragen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel; wenn es uns nicht gelungen wäre, unsere Trägergemeinden von der strategischen Ausrichtung des GerAtrium und der Notwendigkeit der Wiederinbetriebnahme des Hauses Chriesibaum zu überzeugen, hätten wir das Bauprojekt nicht in dieser Form in Angriff nehmen und so weit voran treiben kön-nen.
Was war in Ihrer bisherigen Zeit als Verwaltungsratspräsident die grösste Herausforderung, die Sie bewältigen mussten?
Das waren ganz sicher die Realisierung des Bauprojektes für das neue Pflegezentrum in den Jahren 2010-12 und der Umzug der Bewohner von den alten ins neue Gebäude. Zwei Fragen standen für mich da im Zentrum; funktioniert der neue Ort auch so, wie wir uns das vorgestellt haben? Und zweitens stimmen die „Zahlen“ am neuen Ort? Beide Fragen konnten wir mit „Ja“ beantworten.
Wie beurteilen Sie Ihre bisherige Zeit als Verwaltungsratspräsident im GerAtrium?
Das GerAtrium hat sich in dieser Zeit sehr gut entwickelt. Das hat insbesondere mit der klaren strategischen Positionierung des GerAtrium und dem damit verbundenen Konzept zu tun: ein Erfolgskonzept. Vielleicht habe ich ja in der Entwicklung dieses Erfolgskonzeptes ein bisschen mitgewirkt, es wird aber nicht von mir erfolgreich umgesetzt sondern vielmehr von der Geschäftsleitung und den Mitarbeitenden. Ihnen gebührt an dieser Stelle auch mein ganz besonderer Dank.
Was heisst für Sie und das GerAtrium erfolgreich?
Das heisst natürlich vor allem wirtschaftlich erfolgreich. Wobei wir nicht übermässig Gewinne erwirtschaften wollen. Sinnvolle Kostendeckung mit dem nötigen Überschuss für schlechtere Zeiten ist unser primäres Ziel.
Apropos Erfolg; immer auf der Erfolgswelle zu reiten, ist in diesem Geschäft nicht möglich. Deshalb ist es vielleicht gar nicht so übel, wenn wir zwischendurch nicht ganz so gut ausgelastet sind. Sonst könnte der Eindruck entstehen, Erfolg sei der Normalzustand, für den man gar nichts machen muss...
Welche Kriterien sind für eine gute Auslastung entscheidend?
Wie gesagt, sicher das gute Zusammenspiel mit den Trägergemeinen und den verschiedenen Zuweisern sowie die Mund-zu-Mund-Propaganda. Immer wichtiger aber wird nebst der Pflege auch die Hotellerie. Gerade die Hotellerie ist derjenige Dienstleistungsbereich, der von aussen, also von potentiellen Bewohnern und deren Angehörigen, am besten beurteilt werden kann und ist darum absolut zentral.
Deshalb sage ich auch immer; in der Hotellerie dürfen wir nicht sparen. Unser Kaffee muss vor allem gut sein und nicht günstig. Bei uns muss es jederzeit und immer schön aussehen und Besucher müssen immer freundlich und zuvorkommend empfangen werden.
Vergessen wir nicht; der Angehörige, der einen Platz für ein Familienmitglied in einem Pflegeheim sucht, der kommt nur einmal. Wenn es ihm nicht gefällt oder wenn wir keinen Platz anbieten können, kommt er nicht mehr und die Chance ist vertan.
Ist in diesem Zusammenhang auch der Ausbau mit dem Chriesibaum zu sehen?
Der Ausbau mit dem Haus Chriesibaum um weitere 40 Plätze ist für uns genau darum entscheidend. Damit schaffen wir uns die wichtige und notwendige Flexibilität, vor allem auch im Aufnahmeverfahren. Mit dem Haus Chriesibaum müssen wir weniger Anfragen abschlägig beantworten, sondern können mehr Bewohner flexibel aufnehmen. Und diese Flexibilität ist entscheidend, um auch in Zukunft in diesem hart umkämpften Markt bestehen zu können.
Auf was legen Sie im GerAtrium besonders viel Wert?
Zwei Sachen; zum einen möchte ich immer und jederzeit im GerAtrium Dienstleistungskompetenz erleben können. Egal wer wann kommt, der Empfang muss immer freundlich sein, der Umgang immer persönlich, respektvoll und zuvorkommend sowie die Auskunft immer kompetent. Die Aufnahme von Bewohnerinnen und Bewohnern muss rasch und unkompliziert erfolgen.
Zum anderen ist mir auch die Weiterentwicklung ein zentrales Anliegen. Wir müssen uns immer fragen: Was wollen wir und was brauchen wir, um uns weiterentwickeln und uns weiter verbessern zu können. Denn, wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein.
Interviewer: David Guggenbühl, Kommunikationsfabrik Zürich